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Samstag, 15. Juni 2024

Das Ausseerland

Grundlsee im Herbst mit Blick auf Loser

Die Geschichte des Ausseerlands ist die Geschichte einer Landschaft, die aus Eis und Fels geboren wurde; es ist die Geschichte eines Tals, das zerschmettert, zerbrochen, zermalmt und geglättet wurde durch die wilden Kräfte der Natur, bevor es sich wieder erhoben hat - in stolzer Schönheit, selbstbewusst und pittoresk.

Was die Ausseerinnen und Ausseer ausmacht, wohl auch mit der Entstehung dieser beeindruckenden Landschaft in Zusammenhang steht: bodenständig, mächtig, stolz und unbeugsam, unverwechselbar und - manchmal vielleicht ein bisschen stur.

Es ist eine wilde Landschaft, die beiden gehört - Mensch und Tier. Wer mittendrin ist im Ausseerland, vielleicht sogar auf einem der tiefblauen Seen und umgeben von steil aufragenden Felswänden, der mag schon einmal ins Schwärmen kommen. Doch die wahren Schätze der Region sind gut gehütet - im Herzen der mächtigen Berge: Salz und Wasser sind Lebenselixier für beide, Mensch und Tier, aber auch eine Quelle der Anarchie, Ausbeutung, Isolation und - Lebenswürze.

Wer eintaucht in diese kleine Welt der Extreme und Kontraste, den nimmt sie auch schon gefangen. Die Gegensätze sind geografischen wie klimatischen Ursprungs: Kalte Winter mit ungeheuren Schneemengen wechseln ab mit milden, aber feuchten Sommern und die bunten Farben des Herbsts stehen dem überschwänglichen Grün des Frühlings in nichts nach. In diesem intensiven, spannungsgeladenen Umfeld konnten die Menschen wohl gar nicht anders als sich bunte Traditionen zu erhalten, die ihre Naturverbundenheit dokumentieren, aber auch Zeugnis geben von wirtschaftlichem Geschick und dem Mut zur Selbstdarstellung.

Vor mehr als 800 Jahren begann das steirische Stift Rein mit dem bergmännischen Abbau des Steinsalzes und mit dem Kahlschlag der Wälder ringsum.

Die Salzwirtschaft brauchte Holz und es dauerte nicht lang, da mussten die Stämme aus entfernteren Wäldern herbeigeschafft werden, als Floß auf dem Wasser. Schon im 13. Jahrhundert loderte dort, wo sich im weiten Talkessel drei Flüsschen zur Traun vereinigen, Feuer unter den riesigen Sudpfannen. Stämme gab es hier zuhauf, und rund um die Sudpfannen entstand bald eine Siedlung, Markt Aussee. Das Haus der stolzen Salzverweser, der Kammerhof, erzählt noch heute von der vergangenen Welt der Salzarbeiter.

Wie in einem Märchenbuch spürt man auch im Ausseerland die Kraft eines verdichteten Universums: eines Universums, das für Einheimische wie Fremde unwiderstehlich scheint. Nicht nur, wenn alljährlich die Narzissen blühen und Hunderte Menschen aus Hunderttausenden Blüten den berühmten Corso modellieren. Blüten eines Gewächses übrigens, das vielerorts als Unkraut gilt.

Nicht nur, weil diese Landschaft reich an beeindruckenden Wildtieren ist, mit denen der Lebensraum geteilt werden muss, wie Rothirsche, Gämsen und Steinböcke. Nicht nur, weil sich hinter den mächtigen Steilwänden rund um die tiefblauen Seen mit Salz eine schier unerschöpfliche Geldquelle findet. Und nicht nur, weil die Seen selbst einen Schatz bergen - die Saiblinge, die wahren Prinzen des Ausseerlandes -, sondern einfach nur, weil es das Ausseerland gibt.

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